Wie schaffe ich Raum für eine wirklich offene Diskussion?
Dialog
Tiefe Gespräche für neue Perspektiven
Das Dialog-Format eignet sich besonders gut, um die Verbindung zwischen der sachlichen und der emotionalen Ebene eines Themas erlebbar zu machen. Zu Beginn werden der Rahmen, die Regeln und das Thema festgelegt, danach greift die Moderation nur noch ein, wenn es unbedingt nötig ist. Der Dialog entfaltet sich in einer besonderen Atmosphäre und kann dabei in erstaunliche Tiefen vordringen. Falls gewünscht, wird das Gesagte anschließend gemeinsam auf einem Flipchart zusammengefasst.
Oft wird der Dialog mit einem esoterischen Sitzkreis assoziiert. Dabei gibt es kaum eine Methode, die so gründlich erprobt wurde und mit der sich Themen so tiefgehend bearbeiten lassen.
Wie bei allen wertvollen Prozessen braucht auch der Dialog vor allem eines: Zeit. Nicht unbedingt viel, aber genug, um vom Modus des Tuns in den des Seins zu wechseln. Erst dann sind wir wirklich präsent – entspannt und zugleich konzentriert. Unsere Sinne öffnen sich, wir kommen sowohl mit unseren Gefühlen als auch mit der Welt um uns herum in Kontakt.
Besonders tiefgreifend ist meist ein „generativer“ oder „zweckfreier“ Dialog – ein Gespräch, das überrascht, aber auch Phasen der Stille zulässt. Manchmal entsteht Leere, und genau diese muss ausgehalten werden. Ein guter Dialog lässt sich nicht erzwingen – er gelingt oder bleibt an der Oberfläche. Diese Balance zwischen zu viel und zu wenig Reden macht ihn so besonders. Ob dabei mit Redestab und Glocke oder mit nur wenigen Regeln gearbeitet wird, ist meist zweitrangig. Entscheidend ist die innere Haltung, die den Dialog trägt.


Dialoge in kleinen Gruppen von etwa 6 bis 12 Personen entfalten eine ganz andere Wirkung als in großen Runden mit 40 oder sogar 50 Teilnehmer:innen. Besonders wenn es um persönliche Themen geht, fällt es vielen nicht leicht, sich offen auszudrücken. Doch auch das aufmerksame, tiefe Zuhören kann eine bereichernde Erfahrung sein – es eröffnet neue Perspektiven und schafft eine besondere Verbindung zwischen den Teilnehmenden.
Setting
Der Dialog findet idealerweise in einem ruhigen Raum statt, in dem sich alle Teilnehmenden wohlfühlen. Häufig kommen dabei ein Redegegenstand, eine Uhr und eine Klangschale zum Einsatz – manchmal genügt auch einfach ein Glas. Diese Elemente unterstützen den achtsamen Austausch und helfen, den Dialog in seiner Tiefe zu entfalten.
Dauer
Die Dauer kann flexibel an die Bedürfnisse der Teilnehmenden angepasst werden, beträgt aber in der Regel zwischen 30 und 60 Minuten. Falls gewünscht, können zusätzlich etwa 10 Minuten für eine gemeinsame Zusammenfassung eingeplant werden.
Aus eigener Erfahrung
Ich erinnere mich an Dialoge, die wir in unserem Büro in Krisenzeiten gemacht haben oder am Folgetag nach einem aufrüttelnden Vortrag bei den "Tagen der Utopie". Manchmal war es auch ein eher spontaner Austausch in einer Gruppe interessanter Menschen, die einfach mehr voneinander wissen wollten, was die anderen grad umtreibt.
Beim Art of Hosting-Training 2024 wurde der Dialog genutzt, um über das Thema Künstliche Intelligenz (konkret über die Frage: "Wie können wir menschlich bleiben und gleichzeitig die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz (KI) nutzen, um unsere Welt positiv zu gestalten?“) zu sprechen. Dabei zeigte sich, wie wichtig es ist, nicht nur Argumente und Perspektiven auszutauschen, sondern auch tief in die emotionalen Hintergründe einzutauchen, die oft die fachliche Ebene prägen. Gerade bei einem so diffusen und emotional aufgeladenen Thema wie KI bot der Dialog den nötigen Raum für Reflexion und echtes Verstehen.